Kurze Sätze wirken! Aber nicht immer liegt in der Kürze auch die Würze. Damit du Leser nicht mit Stakkato-Stil ins Koma klimperst, musst du wissen, wie Satzlängen das Leseverhalten beeinflussen.
Lesen und verstehen
Der klassische Rat an angehende Wortakrobaten: Schreibe kurze Sätze!
Das stimmt aber nur bedingt, denn auch kurze Sätze können unverständlich sein.
Wer versucht, einen nichtssagenden Bandwurmsatz in wenige nichtssagende Wörter zu prügeln, hat nichts gewonnen.
Besonders bei Werbetext gilt: Wer kurze Sätze schreiben will, muss vorher seine Arbeit machen.
Nur wenn du genau über das Thema Bescheid weißt, kannst du einen Sachverhalt in wenigen Worten auf den Punkt bringen
Die Bild-Zeitung ist das beste Beispiel: Stolze 47 Prozent der Sätze im Boulevardblatt bringen es auf nur 4 Wörter – und die durchschnittliche Satzmenge enthält immer noch wenige 12 Wörter.
Beim Online-Portal dürfte es ähnlich aussehen. Und darum versteht jeder die Nachricht.
Die Redakteure haben ihre Arbeit gut gemacht.
Weil sie in kurzen Sätzen Dinge auf den Punkt bringen, können die Leser sie leichter verstehen und aufnehmen.
Das macht die Zeitung für die breite Masse so attraktiv.
Wie lang darf ein Satz sein?
Die Lesbarkeitsforschung geht von folgenden Werten aus, um Sätze nach ihrer Verständlichkeit im Ludwig-Reiners-Schema einzuordnen.
Sehr leicht verständlich: 13 Wörter pro Satz
Leicht verständlich: 14-18 Wörter pro Satz
Verständlich: 19-25 Wörter pro Satz
Schwer verständlich: 25-30 Wörter pro Satz
Sehr schwer verständlich: 31 und mehr Wörter pro Satz
Ist also ein Satz, der mehr als 25 Wörter enthält, schwer verständlich?
Nicht unbedingt. Es kommt auf den Aufbau an.
Lange bandwurmartige Sätze verlangsamen das Tempo.
Aktiv geschrieben, mit starken Verben und möglichst wenig abstrakten Substantiven ausgestattet, bleiben sie gut lesbar.
Du kannst dabei die meisten Endpunkte durch Kommas ersetzen.
Nutze lange Sätze, wenn du deine Leser tiefer in den Text ziehen, sie hypnotisieren, halten, verführen und Spannung erzeugen willst – was auch immer, Hauptsache du erlöst ihn. Vielleicht mit einer Überraschung.
Achte nur darauf, dass du keine Schachtelsätze konstruierst, in denen sich Nebensätze auf einen anderen Teil des Satzes beziehen. Das ist schwer lesbar.
Besser als lange Sätze sind mittellange Sätze.
Sie bestehen aus knapp 15 Wörtern. Meist einem Haupt- und einem oder zwei Nebensätzen.
Leicht verständlich behindern sie nicht den Lesefluss.
Stakkato-, Hack- oder Asthmastil?
Besteht ein Text nur aus kurzen Sätzen, ist er vielleicht sehr verständlich. Aber ist das gleich guter Stil?
Das folgende Beispiel ist zwar übertrieben, zeigt aber, warum kurz nicht immer gut ist.
Kurze Sätze sind modern. Sie erhöhen das Tempo. Die Spannung. Manchmal sind sie unvollständig. Mit Subjekt, Prädikat und Objekt komplett. Aber Vorsicht: Schnell wirkt so ein Stil banal. Einschläfernd. Und atemlos.
Kleines Statement – große Sogwirkung
Am Anfang eines Textes lassen sich kurze Sätze gut einsetzen, um Spannung zu erzeugen.
So steigt beim Leser die Erwartungshaltung und er ist motivierter, deinen Text zu lesen.
Wichtig ist, mit wenigen Wörtern etwas überraschendes, provozierendes, griffiges rüberzubringen. Das kann auch gut in Form einer Frage passieren.
Ein guter Rhythmus ist entscheidend
Die richtige Abwechslung ist für die Attraktivität eines Textes entscheidend.
Wie in der Musik würzt auch eine Prise Rhythmus jeden Text.
Wolf Schneider – der Stilpapst der deutschen Sprache – hat es auf den Punkt gebracht:
„Das Optimum an eingängigem und attraktivem Deutsch lässt sich durch einen lebhaften Wechsel an mäßig kurzen und mäßig langen Sätzen erzielen“
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Eine Prise Rhytmus würzt jeden Text