8. Dezember 2016 schmidtschreibt

Tonalität: Sprache, die Sprache beschreibt

Tonalität ist ein Schlüsselelement in Branding-Guides. Die sprachliche Identität einer Marke. Ihre Art zu kommunizieren. Erfahre, wie du den richtigen Ton triffst.

Tonalität manifestiert sich selbst auf der mikroskopischsten Ebene des Schreibens. In jeder einzelnen Entscheidung, durch die ein Entwurf geht.

Du schreibst was, aber es fühlt sich falsch an. Warum? Weil du nicht die richtige Tonalität deiner angepeilten Zielgruppe kennst.

Wenn die Tonalität von Anfang an definiert ist, hast du hingegen einen Standard, an dem du dich orientieren kannst.

Die Definition von richtiger Tonalität ist allerdings nicht einfach.

Sprache kann nur mit Sprache beschrieben werden.

Das Medium und der Container sind immer aus dem gleichen Holz geschnitzt.

Genau wie Text selbst ist ein Tonalitäts-Leitfaden durch jede Art von Kritik angreifbar und höchst subjektiv.

Designer können auf Objekte und Symbole, festgelegte Bildwelten, Werte bei Dimensionen und Proportionen oder allgemeine Standards (Schriftarten, Pantone System) zurückgreifen – wobei auch hier jede Menge individuelle Entscheidungen getroffen werden.

Aber eine Art Metasprache zu erschaffen, die Sprache beschreibt, ist verdammt trickreich.

Wozu Tonalität?

Geschriebene Tonalität ist nichts anderes als die „Persönlichkeit“ einer Marke.

Sie garantiert einen konsistenten Markenauftritt über alle Kommunikationskanäle hinweg – stationär, auf Anzeigen, Online, in Social Media-Posts, Bewegtbild und vieles mehr.

Viele Marken machen den Fehler, dass sie nicht wie von einer einzigen Quelle nach außen kommunizieren.

Fehlt diese eine „Stimme“, ist es schwer, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zum Kunden aufzubauen.

Es fehlt die Kongruenz. Das sorgt beim Leser für Unbehagen. Unbewusst.

Wenn sich ein Bekannter in deinem Leben plötzlich anders verhält, anders als sonst mit dir spricht, wirst du dich auch wundern, ob irgendwas falsch ist.

Marken- versus Unternehmens-Tonalität

Obwohl beide Tonalitäten durchaus ähnlich sein können, musst du Unterschiede beachten.

Ein Unternehmen kann verschiedene Marken haben, die sich durch verschiedene Zielgruppen komplett in der Tonalität unterscheiden.

Zum Beispiel kann eine Marke auf den breiten Massenmarkt ausgerichtet sein und sich an Anfänger richten.

Die andere Marke will hingegen professionelle Anwender adressieren.

Wenn du die gleiche Tonalität nutzt, kannst du krass übertrieben auch direkt Konkurs anmelden

Eine Marke muss zudem als erstes potentielle Kunden ansprechen, während ein Unternehmen sich auch an die Öffentlichkeit, Presse oder Investoren richten kann.

Selbst wenn die Tonalität des Unternehmens und der Marke ähnlich sind, wird sich die Sprache der Marke aufgrund von neuen Innovationen oder Produkten wohl schneller entwickeln als eine eher monolithische Unternehmenssprache, die die unveränderlichen Werte wiederspiegeln soll.

Tonalität mit Werten definieren

Die einfachste Art, die richtige Tonalität zu definieren ist, sich folgende Frage zu beantworten: Wenn das Unternehmen eine Person wäre, wie würde sie sich verhalten und wie würde sie sprechen?

Um es praktikabel zu halten, solltest du auf dieser Basis drei verschiedene Werte festlegen.

Für ein Unternehmen, das verschiedene IT-Dienste wie bspw. Unterstützung für wenig Erfahrene anbietet, könnten das folgende sein: kenntnisreich, unterstützend und zuverlässig.

Für einen Getränkehersteller, der Jugendliche ansprechen will, vielleicht eher: spaßig, freundlich und modern.

Das B2B-Tonalitäts-Problem

Während es im B2C-Bereich für Unternehmen leichter ist, sich mit ganz eigener Sprache zu differenzieren, wird im ersten Beispiel oben auch schon das Problem im B2B-Bereich deutlich: Eine individuelle Sprache finden.

Von welchem IT-Dienstleister würde man denn nicht erwarten, dass er kenntnisreich ist? Was unterscheidet, ist der Grad der Kenntnis oder die spezielle Anwendung, mit der er sich beschäftigt. Bloß lässt sich dieser feine Grad schlecht mit der Tonalität ausdrücken.

Dieses Dilemma begründet, warum sich die meisten Unternehmen im B2B-Sektor größtenteils gleich anhören. Resultierend daraus schütteln einige B2B-Unternehmen Werte aus dem Ärmel, die Sie nicht oder nur schlecht verkörpern. Keine gute Idee, denn das ist wiederum nicht kongruent und wird schnell auffliegen.

Die Tonalität muss unbedingt mit der Realität als auch mit sich selbst konsistent sein.

Von Werten zum Register

Bewaffnet mit den richtigen Werten, kannst du dich jetzt den Feinheiten widmen: Definiere dein Register.

Register bezeichnet eine für einen bestimmten Kommunikationsbereich charakteristische Rede- und Schreibweise. Die sprachliche Abbildung sozialer Beziehungen. Mit deinem Chef sprichst du anders als mit deinen Freunden.

Du hast alle Möglichkeiten: Von informell bis formell, humorig bis seriös, zurückhaltend bis anbiedernd, relaxed bis lebendig.

Hier wird wieder deutlich, wie subjektiv das ganze doch wieder ist. Denn jeder wird für einem bestimmten Begriff seine ganz eigene Meinung haben.

Variation in der Tonalität

Wie bereits erwähnt, muss die Tonalität über alle Kommunikationskanäle gleich sein. Allerdings kann es kleine Feinheiten im Register geben, um gewissen Anforderungen gerecht zu werden.

Eine Marke kann zum Beispiel verschiedene Stimmungen haben, wenn Sie kommuniziert.

Sie wird einen potentiellen Kunden bei einer Produktneuheit vielleicht anders ansprechen als einen treuen Bestandskunden. Hierbei sollte man als Unternehmen seine Kunden möglichst gut kennen, um eine genaue Segmentierung vorzunehmen.

Das Medium ist natürlich auch wichtig: Online wird anders gelesen als im Printbereich. In Social Media-Kanälen geht es nicht ganz so formell zu. Und auch hier gibt es wieder Unterschiede von Facebook über Twitter bis zu Linked in und Xing.

Halte es einfach

Du solltest es nicht übertreiben.

Geschäftstüchtige Texter oder Agenturen werden Unternehmen zwar erzählen, dass Sie für jede Gelegenheit eine Anleitung in einem großen Tonalitätsleitfaden brauchen.

Der Unterschied zu den teuren Designleitfäden ist aber, dass hier nichts eindeutig festgelegt werden kann wie zum Beispiel Farben, Formen oder dergleichen.

Auch wird ein sehr guter Tonalitätsleitfäden keinen mittelmäßigen Texter kompensieren.

Eine kurze Zusammenfassung der Unternehmenswerte und wie diese sich im Schreibstil wiederspiegeln reicht aus. Ein Word-Dokument, das vielen Unternehmen zu mehr Kongruenz verhelfen kann.

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